
Am 9. April 2025 zeichnet sich ein bewegender und kontroverser Monat für die Stadt Erfurt ab. Ein zentrales Event im jährlichen Veranstaltungskalender, der Autofrühling auf dem Domplatz, wurde ersatzlos gestrichen. Dies bestätigte die Erfurter Stadtverwaltung gegenüber der Thüringer Allgemeinen. Der Grund für diese Entscheidung ist der 26. April, der Jahrestag des tragischen Amoklaufs am Gutenberg-Gymnasium.
Der Autofrühling, der seit 1992 jährlich auf dem Domplatz stattfindet, zog zahlreiche Automobilhersteller an, die ihre neuesten Modelle präsentierten. In diesem Jahr sollte die Veranstaltung am vierten Aprilwochenende stattfinden. Die Stadt bemühte sich, einen Alternativtermin zu finden, doch wurde dies aufgrund eines Stadtratsbeschlusses ausgeschlossen, der öffentliche Veranstaltungen an diesem Datum verbietet.
Erinnerung an das Schulmassaker
Am 26. April 2022 jährt sich das Amoklaufen am Gutenberg-Gymnasium zum 20. Mal. Der Täter, ein 19-jähriger ehemaliger Schüler, tötete 16 Menschen, darunter 12 Lehrkräfte, einen Polizisten und sich selbst. Dies war das erste Schulmassaker dieser Art in Deutschland und hinterließ tiefe Wunden in der Gemeinschaft, die bis heute spürbar sind. Die Schulleiterin Christiane Alt äußert sich seit Monaten besorgt über die zahlreichen Medienanfragen zum bevorstehenden Jahrestag und beschreibt diese als „extrem lästig“.
Im Rahmen des Gedenkens wird am Jahrestag eine öffentliche Veranstaltung vor der Schule stattfinden. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow und Landtagspräsidentin Birgit Keller werden erwartet. Es wird eine Glocke geläutet und weiße Blumen werden niedergelegt, um der Opfer zu gedenken. Ramelow betonte kürzlich den anhaltenden Schmerz und die Fassungslosigkeit in der Gesellschaft und erinnerte daran, wie traumatisch der Vorfall für alle Betroffenen war.
Folgen und Gedenkveranstaltungen
Die Auswirkungen des Amoklaufs waren nicht nur lokal, sondern zogen eine umfassende Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen an Schulen in Thüringen und anderen Bundesländern nach sich. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden zahlreiche Warnsysteme implementiert und das Thüringer Schulgesetz überarbeitet. Eltern volljähriger Schüler werden jetzt über besondere Ereignisse in den Schulen informiert. Auch die Einführung von Sozialarbeitern und schulpsychologischen Diensten an Schulen wurde von Christiane Alt vorangetrieben.
Die Rückkehr zur Normalität dauerte lange; nach umfangreichen Rekonstruktions- und Umbauarbeiten konnte der Schulbetrieb im Gutenberg-Gymnasium erst drei Jahre nach dem Vorfall wieder aufgenommen werden. Ehemalige Schüler berichten von den emotionalen Folgen und der dauerhaften Veränderung des schulischen Umfelds. Jährliche Gedenkveranstaltungen sind Teil des Erinnerns und der Reflexion über jene tragischen Ereignisse. Besonders das Gedenken im Jahr 2022 wird anders gestaltet, um die Opfer detaillierter zu porträtieren.
Während sich Erfurt auf diesen Jahrestag vorbereitet, bleibt die Entscheidung, den Autofrühling auszusetzen, ein deutliches Zeichen für den Respekt und das Gedenken an die Opfer des Amoklaufs am Gutenberg-Gymnasium. Die Stadt steht vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Traditionspflege und der Erinnerung an die tragischen Ereignisse zu finden.