
In Gera, Thüringen, wird der Selgros-Großmarkt an der Beerweinschänke zum 31. Oktober 2023 geschlossen. Diese Entscheidung wird von Transgourmet, dem Betreiber des Marktes, mit einem herausfordernden Marktumfeld begründet. Der Standort, der seit 1995 in Gera ansässig ist, spielte eine wichtige Rolle für Gastronomie-Kunden, Einzelhändler und Gewerbetreibende. Gerüchte über die Schließung kursierten bereits länger, während die Geschäftsleitung 2023 versuchte, diese abzuwiegeln. Dennoch stellte sich bald heraus, dass der Geraer Markt für das Unternehmen nicht mehr rentabel sei und die Entscheidung im Sinne der Zukunftsfähigkeit getroffen wurde. Kunden haben nach der Schließung die Möglichkeit, über Lieferungen weiterhin auf das Sortiment zuzugreifen oder nahegelegene Standorte wie Erfurt zu nutzen.
Die Schließung des Selgros-Marktes ist nicht die einzige Veränderung im Geraer Einzelhandel. Vor wenigen Tagen wurde bekannt gegeben, dass auch die Kaufland-Filiale in Bieblach-Ost schließen soll. Diese Filiale ist für etwa 10.000 Einwohner des Stadtteils die einzige Einkaufsmöglichkeit. Rund 80 Mitarbeiter der Kaufland-Filiale bangen um ihre Arbeitsplätze, während Transgourmet zugleich sozialverträgliche Lösungen für die eigenen Mitarbeitenden sucht. Ein benachbartes Unternehmen plant, auf dem ehemaligen Selgros-Gelände in Gera eine Ansiedlung.
Wachsende Probleme im Einzelhandel
Die Schließungen in Gera sind Teil eines umfassenderen Trends im deutschen Einzelhandel. Der Handelsverband Deutschland (HDE) erwartet, dass in diesem Jahr insgesamt 5.000 Einzelhandelsgeschäfte schließen werden. Seit 2020 mussten bereits 46.000 Läden ihre Türen für immer schließen. Warnings von HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth heben hervor, dass diese Entwicklungen die Attraktivität von Stadtzentren beeinträchtigen können. Ein schwaches wirtschaftliches Umfeld und hohe Inflation drücken auf die Branche, trotz eines Umsatzwachstums von 2,9 Prozent im vergangenen Jahr, das maßgeblich auf Preiserhöhungen zurückzuführen ist.
Inflationsbereinigt sanken die Umsätze um 3,4 Prozent, was die prekäre Lage des Einzelhandels verdeutlicht. Für dieses Jahr prognostiziert der HDE ein Umsatzwachstum von 3,5 Prozent, jedoch bleibt das tatsächliche Wachstum nach Inflationsbereinigung bei lediglich 1 Prozent. Der HDE fordert daher Sofortmaßnahmen gegen das Ladensterben und plädiert für eine engere Zusammenarbeit aller relevanten Akteure, einschließlich Handel, Kommunen und Gastronomie.
Die steigenden Leerstände in Innenstadtlagen erzeugen einen Abwärtsstrudel für die gesamte Branche. Der HDE ist Mitglied im Beirat Innenstadt, der von der Bundesbauministerin geleitet wird, und sieht die Innenstadtentwicklung als essenziell an. Allerdings werden die Verantwortlichkeiten auf unterschiedliche Ebenen verteilt, was die effektive Koordination von Maßnahmen erschwert. Eine zentrale Stelle zur Koordination von Förderprogrammen und Maßnahmen wird als dringend erforderlich erachtet, um den Herausforderungen des Einzelhandels wirksam zu begegnen.